Zur Vermeidung der Verschlimmerung einer bestehenden HIV-Erkrankung (etwa durch Entstehung von Resistenzen oder durch Co-Infektionen) existiert für erkrankte Empfänger von ALG II bzw. Sozialhilfe im Einzelfall ein Anspruch auf Leistungen der sogenannten vorbeugenden Gesundheitshilfe (§ 47 S. 2 SGB XII). Umgangssprachlich spricht man hier vom "Kondomgeld" oder der Safer-Sex-Pauschale.
In Berlin existiert seit 2008 ein Rundschreiben der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, nach dem eine Pauschale von 12,94 EUR gewährt werden soll, wenn bei den betroffenen Leistungsempfängern nach ärztlichem Urteil eine "mit der individuellen Lebenssituation verbundene besondere Gefährdung" bescheinigt wird". Nachzulesen ist das Rundschreiben I Nr. 4/2008 hier.
Einige Sozialämter bzw. Jobcenter weigern sich jedoch trotz Vorliegens eines ärztlichen Attests die Pauschale auszuzahlen. Die Begrünung ist meist, dass die Kosten für die Anschaffung von Kondomen in der Regelleistung enthalten sind.
Für einen meiner Mandanten habe ich bereits im Mai 2015 vor dem Sozialgericht Berlin ein Urteil erstritten, nach dem das zuständige Sozialamt die Safer-Sex-Pauschale abgelehnt hatte. In der Entscheidung vom 28.05.2015 (S 50 SO 826/11) führt das Gericht aus, dass der Anspruch auf diese Leistung aus § 47 S. 2 SGB XII folgt. Da die Kondome bei HIV-Infizierten als Hilfsmittel dem Schutz vor weiteren Erkrankungen dienen, besteht ein Anspruch auf diese Leistungen. Ferner folgt der Anspruch aus dem Rundschreiben der Senatsverwaltung, welches unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung einen Anspruch vermittelt. Nachzulesen ist die Entscheidung hier.
Mittlerweile ist die Entscheidung des Sozialgerichts auch rechtskräftig, da das Sozialamt seine Berufung gegen das Urteil zurückgenommen hat. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat in der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass es das Rundschreiben, anders als vom Sozialamt behauptet, als eine Verwaltungsvorschrift mit Bindungswirkung ansieht. Nachzulesen ist das Verhandlungsprotokoll mit dem Hinweis des LSG hier.
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Leistungen der vorbeugenden Gesundheitshilfe
SG Berlin, Urteil vom 28.05.2015 - S 50 SO 826/11-